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Synodale Versammlung im Bistum Basel: Funktionärsdenken dominiert

Yvonne Reichlin hat vom 07. bis 09.09.2023 an der synodalen Versammlung im Bistum Basel teilgenommen und schildert auf Anfrage von Maria 1.0 ihre persönlichen Eindrücke.

1. Wieso hast Du an der Synodalen Versammlung im Bistum Basel teilgenommen? Was ist zum Ablauf zu sagen? Siehst Du Differenzen zum synodalen Prozess in Deutschland?

Das Los hat entschieden, dass ich teilnehmen kann. Es war das Bestreben der Bistumsleitung, dass unter den Teilnehmenden möglichst viele Anspruchsgruppen vertreten sind. Daher wurde auf das Verhältnis zwischen Vertretungen der Landeskirche, Freiwilliger, Ehrenamtlicher und Angestellter, Laien, Kleriker, Interkulturalität usw. geachtet. 10 Personen, welche bei der Kirche nicht angestellt sein dürfen, wurden aus den eingegangenen Bewerbungen ausgelost. Im Unterschied zum Deutschen synodalen Prozess gab es keine Abstimmungen zur Ermittlung von Mehrheiten, was der kirchlichen Synodalität eindeutig widersprechen würde. Es war das erklärte Ziel, dass auch Minderheitsmeinungen berücksichtigt und protokolliert werden. Der Ablauf der Workshops war professionell organisiert, und die Diskussionen verliefen grundsätzlich in einer offenen und konstruktiven Atmosphäre.

2. Welche Themen wurden diskutiert?

Nach einem Einführungsreferat zu den verschiedenen Formen von Synodalität sollten in Workshops sog. «pastorale Wegweiser» für die kommenden 5 Jahre entwickelt werden. Dazu wurde als Diskussionsbasis ein Bericht zu den erwarteten Entwicklungen und den dazu gehörenden Chancen abgegeben. Im dritten Teil wurde die Optimierung das weltweit einmaligen dualen Systems diskutiert. Die Kirchgemeinden erheben Kirchensteuern und sind Anstellungsbehörde. Es entstehen Doppelspurigkeiten, und die Ausgaben orientieren sich zu wenig an theologischen und pastoralen Bedürfnissen. Der frühere Bischof von Basel, Kurt Kardinal Koch, beschrieb die Funktion des Bischofs «wie eine kirchliche ‘Queen Elisabeth’, deren Haupttätigkeit nicht die effektive Leitung, sondern die affektive Repräsentation» sei.

3. Welche Eindrücke hast Du aus dem Anlass mitgenommen?

Die Perspektive der Kirche und des Bistums kam zu kurz. Vielfach wurden die Diskussionen auf der Ebene der Froschperspektive, nämlich aus der Sicht der Befindlichkeiten der Kirchenmitarbeiter geführt. In einem Workshop wurde die Befürchtung vom Verlust von Stellenprozenten als Folge von Änderungen geäussert. Ungeachtet der vorgegebenen Fragestellung wurden die bekannten Themen der kirchenpolitischen Agenda mit einer Vehemenz eingebracht, die an eine Dampfwalze erinnern. Ganz unter dem Motto «man muss die Gelegenheit nutzen» oder «steter Tropfen höhlt den Stein». Nicht selten war bei den Kirchenmitarbeitern spürbar, dass sie sich schämen, für die katholische Kirche zu arbeiten.

Die Ergebnisse aus den Workshops waren teilweise wenig konkret, und von Aussenstehenden eingebrachte Vorschläge wurden «zerredet». Überraschend war, dass der Begriff der Evangelisierung bei Kirchenmitarbeitern zu Unbehagen führt. Die hohen Austritte aus der katholischen Landeskirche waren nie ein Thema (immerhin machen die Austritte rund 2 Prozent pro Jahr aus!). Ein zugeloster Teilnehmer beschwerte sich, dass Vorschläge von vorneherein abgeblockt würden und forderte dazu auf, dass sich jeder prüfe, ob er eine Selbstzensur vornehme. Damit bestätigte er den Eindruck von anderen zugelosten Teilnehmern.

Mehr als einmal wurde erwähnt, dass in der Kirche viel zu viel Gewicht auf die Eucharistie gelegt werde und dass die Liturgie und das Sakramentale überbewertet werden. Nota bene: Im Bistum Basel werden bereits heute 50 Prozent der sonntäglichen Gottesdienste in Form von Wortgottesdiensten gefeiert! Eine Teilnehmerin schlug vor, man sollte Ausbildungen für Laien in der Leitung der Messe anbieten, da es immer weniger Priester gäbe. Ein Priester wies immerhin darauf hin, dass die Eucharistie das Benzin für die Kirche sei. Übrigens der Stellenwert des Priestertums als solches wurde nie angesprochen.

Den Aussagen von verschiedenen Priestern konnte entnommen werden, dass sie die Einführung des geweihten Frauenpriestertums unterstützen. Ein Priester meinte, diese Einsicht sei aufgrund seiner mehrjährigen Erfahrungen in der Pastoral und mit der wachsenden Lebenserfahrung gereift.

Die verschiedenen Etappen der synodalen Versammlung wurden durch spirituelle Einschübe (Gebete, Gesänge) unterbrochen. Bei der Eröffnung der Synodalen Versammlung in der Dreifaltigkeitskirche zeigte sich, dass die Kreativität in der Liturgie grenzenlos ist. Das Lektionar wurde im Mittelschiff der Kirche zwischen den Stehenden mit einer Verbeugung vor der nächsten Person weitergereicht. Nach der Verlesung des Evangeliums durch die jüngste Teilnehmerin wurde eine frei erfundene Geschichte über einen Stein aus dem See Genezareth erzählt. Es war schwierig, einen Zusammenhang zum Evangelium zu finden. Alle spirituellen Sequenzen wurden den Laien überlassen; der Bischof und die Priester hatten keine Funktion.

4. Deine persönlichen Schlussfolgerungen

Meine anfängliche Freude und Aufbruchstimmung, an diesem für die Zukunft der Kirche wichtigen Prozess teilnehmen zu können, wurde durch eine wachsende Ernüchterung, Enttäuschung und Trauer abgelöst. Dieses Gefühl hatten übrigens auch andere zugeloste Teilnehmer. Und es lag nicht daran, dass meine Anliegen, namentlich die Stärkung der Taufpastoral, Schwerpunktsetzung bei der (Neu)-Evangelisierung und die Einführung der Wahlfreiheit der Kirchgemeinde keine Akzeptanz und Aufnahme gefunden haben. Wir haben eine Kirche angetroffen, die von Funktionären beherrscht wird. Ziel ist, gegen das Lehramt und gegen das Priestertum anzukämpfen. Die Diskussion drehte sich vor allem um strukturelle Fragen, und es war keine Freude am Glauben und an der Kirche spürbar. Das eigentliche Ziel der katholischen Kirche, das Jesus Christus bei der Gründung der Kirche mitgegeben hat, allen Menschen die Heilsbotschaft zu verkünden, war nie ein Thema. Diese Eindrücke waren für mehrere gläubige Teilnehmer, welche die Kirche lieben, schmerzhaft. So, dass sogar eine frühzeitige Abreise erwogen wurde.

Die Teilnahme von zufällig ausgewählten Vertretern aus dem Volk Gottes ein grosser Gewinn. Nur so kann die vorherrschende Binnensicht der Kirche mit anderen Perspektiven konfrontiert werden. Dass die synodale Versammlung für zufällig ausgewählte Vertreter des Volk Gottes geöffnet wurde, ist der Bistumsleitung zu verdanken. Dafür danken wir Bischof Felix Gmür herzlich.