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Interview mit einem Unterzeichner des „Reform-Manifests“

Maria 1.0: Sehr geehrter Herr Dr. Heimerl, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Sie haben kürzlich das „Reform-Manifest“ (Erklärung siehe unten) unterzeichnet. Könnten Sie unseren Lesern vielleicht zuerst einmal erläutern, wer Sie sind und was Sie tun.

Dr. Heimerl: Ich komme väterlicherseits aus einer alten Wiener Familie, bin Priester der Erzdiözese Wien und Seelsorgsmithilfe am Stephansdom. Daneben unterrichte ich an einem Gymnasium und helfe als Priester in Bayern aus, wo ich aufgewachsen bin. Ein besonderes Anliegen ist mir die Krankenseelsorge. Selbst krank ist sie mir gleichsam zur "Berufung in der Berufung geworden".

Maria 1.0: Was sind die Gründe, die Sie bewegt haben, das Reform-Manifest zu unterschrieben?

Dr. Heimerl: Zunächst möchte ich den Initiatoren des Manifestes herzlich für ihr Engagement danken! Ich selbst teile die Auffassung, dass die Kirche tiefgreifender oder umwälzender Reformen bedarf, übrigens nicht. Was sie dagegen immer braucht, ist die Erneuerung im Heiligen Geist, die ihr von Gott selbst immer wieder geschenkt wird, und sie muss vor allem den Auftrag der Evangelisation erfüllen. - Das Manifest verstehe ich als eine Gegenbewegung zum sog. "Synodalen Weg". Darauf habe ich gewartet und darum habe ich auch gebetet - wie viele andere auch. Das Manifest zu unterschreiben, ist für einen gläubigen Katholiken, erst recht für einen Priester, eine Selbstverständlichkeit oder sollte es wenigstens sein. Wir alle sind dazu berufen, Zeugnis für unseren Glauben zu geben, den Glauben zu bewahren und ihn zu verteidigen. Das haben die Märtyrer mit ihrem Blut getan, und sie tun es in vielen Teilen der Erde - kaum von uns beachtet - noch heute. Insofern ist es eine vergleichsweise geringe Zeugenschaft, eine Unterschrift für Christus und die Kirche zu leisten. Ich möchte das in diesem Zusammenhang ganz deutlich sagen: Auch wenn sich der "Synodale Weg" den Anschein des "Kirchlichen gibt", steht er selbst doch außerhalb der Kirche und im Gegensatz zur Kirche. Die Kardinäle Kasper und Müller haben dies ebenso wie Bischof Voderholzer bereits sehr klar gesagt. Umgekehrt drückt die Unterschrift genau das aus: Wir stehen zur Kirche und zum Papst - und nicht zu den theologisch abwegigen Konstrukten, die der "Synodale Weg" entwirft.

Maria 1.0: Die neun Thesen des Reform-Manifestes stehen im Kontrast zu dem, worüber derzeit auf dem sogenannten "Synodalen Weg" gesprochen wird. Wie ist Ihre Einschätzung zu den jüngsten Entwicklungen auf der Synodalversammlung?

Dr. Heimerl: Die sogenannte "Synodalversammlung" hat sich von der Lehre der Kirche und von der Kirche selbst von Anfang an verabschiedet. Man braucht nur die Texte zu lesen und wird kaum etwas finden, das nicht im Gegensatz zur Lehre der Kirche steht. Dass man den Brief des Heiligen Vaters an die Kirche in Deutschland vollkommen ignoriert (und das Gegenteil behauptet), ist dabei ebenso unerhört wie die Behauptung, man sei weiters "katholisch", während man daran geht die Sakramente, die Kirche als universales Sakrament des Heiles, die Autorität der Päpste und die der Konzilien überheblich und selbstgerecht in Frage zu stellen. Letztlich versucht man aus eigener "Vollmacht" heraus, eine neue Kirche zu erfinden, ich möchte sagen: Eine Kirche ohne Gott. Von Jesus Christus ist - bezeichnenderweise - ja kaum die Rede, sondern immer nur davon, wie man den Glauben zu den "Menschen" bringen und ihn möglichst an die Menschen von heute anpassen kann. Offensichtlich kommt hier niemandem das Evangelium in den Sinn, als Jesus zu Petrus sagt: "Weg mit Dir Satan, denn Du willst nicht, was Gott will, sondern was die Menschen wollen." (Mt. 16,23) - Damit ist zum Thema "Anpassung des Glaubens an den Zeitgeist" im Grunde alles gesagt und dieses Verdikt Christi trifft den gesamten "Synodalen Weg".

Dass hierbei offensichtlich nicht wenige Bischöfe mitwirken, gibt dem Ganzen eine vergleichsweise neue und auch erschütternde Dimension. Die Aufgabe der Bischöfe wäre im Gegenteil ja die, den Glauben (wie er ist) zu verkünden und auch, ihn tapfer zu bekennen. Jeder Bischof und jeder Priester hat darauf vor der Weihe einen Eid auf die Evangelien abgelegt. Das Verhalten vieler deutscher Bischöfe empfinde ich als beschämend. Umso rühmlicher sind die Ausnahmen, ausdrücklich möchte ich hier beispielsweise Bischof Vorderholzer und Bischof Oster nennen, die sich nicht scheuen, klar Position zu beziehen.

Maria 1.0: Was können andere Katholiken, insbesondere Laien, tun, die sich mit den „Reformanliegen“ des "Synodalen Weges" nicht identifizieren können?

Dr. Heimerl: Natürlich müssen wir in erster Linie Christus als den Herrn der Kirche bitten, dass er der Kirche in Deutschland beisteht. Die Kirche ist ja Christus selber und schon deshalb ist sie unwandelbar. Insofern dürfen wir auf die Hilfe Gottes vertrauen, der in seiner Kirche immer am Werk ist. Auf der anderen Seite muss man natürlich auch irgendwie aktiv werden - und dazu könnte eben beispielsweise die Unterstützung des Manifests gehören oder auch die klare Auseinandersetzung vor Ort. Man darf den "Synodalen" in den Pfarreien nicht das Feld überlassen, auch wenn sie noch so lautstark, fordernd und unangenehm auftreten (s. unten).

Maria 1.0: Es ist zu beobachten, dass sich viele Menschen dem Anliegen des Reform-Manifestes verbunden wissen, vor der Unterzeichnung aber zurückschrecken, um möglichen negativen Konsequenzen durch ihren eigenen Bischof oder schlechter Stimmung innerhalb ihrer Pfarrei oder an ihrem Arbeitsplatz zu entgehen. Wie nehmen Sie das wahr, und was würden Sie sich zur Verbesserung der Diskussionskultur wünschen?

Dr. Heimerl: Es ist erschreckend, wenn die sogenannten "Synodalen" für eine offene Gesprächskultur werben und sich selbst dann genau daran nicht halten. Ich selbst habe es beispielsweise erlebt, dass Frauen während meiner Predigt angefangen haben, aufzuschreien, nur weil ich in einem Nebensatz darauf hingewiesen habe, dass eben nur Männer Priester werden können und dass dies der unwandelbare Glaube der Kirche ist. Ich denke aber, je mehr sich die Anhänger des "Synodalen Weges" in dieser Weise selbst dekuvrieren, [ "dekuvrieren" = "entlarven" ] umso besser ist es. Das sind eben die "Früchte", an denen man den "Geist" erkennt. - Ausdrücklich möchte ich allen Mut machen, sich treuzu Christus und der Kirche zu bekennen. Natürlich "kostet" das etwas, aber das kann in der Nachfolge Christi auf dem Weg des Kreuzes ja gar nicht anders sein. Ich selbst denke in der letzten Zeit oft an den Seligen Pater Rupert Mayer. Sein Motto war: "Ich schweige nicht". Daran wollen wir uns um Christi willen halten und seine Zeugen sein.

Das Reform-Manifest wurde am 29. September 2021 auf der Seite www.neueranfang.online/manifest veröffentlicht. Verfasst wurde es vom „Arbeitskreis Christliche Anthropologie“ - einer freien Initiative von Christen, die sich mit Anthropologie, Ethik, Philosophie, Theologie und Publizistik beschäftigen. Das Reform-Manifest besteht aus 9 Thesen: 1. Legitimation, 2. Reformkonzept, 3. Einheit mit der ganzen Weltkirche, 4. Macht, 5. Frauen, 6. Ehe, 7. Segnung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, 8. Laien und Priester, 9. Missbrauch.

Die Autoren des Manifest stellen dem deutschen „Synodalen Weg“ ein vernichtendes Zeugnis aus: Er verfehle „auf dramatische Weise den Ansatz wahrer Reform.“ In seiner Fixierung auf die äußere Struktur gehe er „am Kern der Krise vorbei.“ Er verletze den Frieden in den Gemeinden, verlasse den Weg der Einheit mit der Weltkirche, beschädige die Kirche in der Substanz ihres Glaubens und laufe auf ein Schisma (= die Gründung einer eigenen von Rom losgelösten Kirche) hinaus.“ Das Reform-Manifest kann unter folgendem Link unterzeichnet werden: https://neueranfang.online/manifest/#unterzeichnen 

Die Leitung von Maria 1.0, Clara Steinbrecher, sowie viele Unterstützer haben das Reform-Manifest bereits unterschrieben.